Exkursion zum Forschungszentrum Jülich
19. Januar, 08:00 Uhr. Während sich langsam die Plätze in den beiden Bussen der Biologie-Exkursion zum Senckenberg-Museum in Frankfurt füllen, warten 26 Schülerinnen und Schüler noch auf ihren Bus. Für die Abiturienten der Physikkurse geht die Reise heute ins Forschungszentrum Jülich.
Zwei Stunden später erreicht die Reisegruppe Deutschlands wichtigstes Forschungsinstitut für Kern- und Teilchenphysik. Exkursionsleiter Herr Diehl, sowie seine MINT-Kollegen Dr. Winkel, Herr Wahl, Herr Funk und Herr Berg begleiten die Keppler Schüler, sicherlich auch aus eigenem Interesse, schließlich darf man nicht jeden Tag in militärische Sperrgebiete.
Nach einem kurzen Sicherheitscheck begrüßt das FZ Jülich die Siegerländer mit einem Kurzvortrag über den Campus, die Möglichkeiten eines Dualen Studiums und auch über die Chancen im Bereich Ausbildung. Vom Anlagenmechaniker bis zum Rechtsanwalt, von der Chemielaborantin bis zum Mechatroniker, der Campus Jülich bietet durch sein breites Netzwerk mit Universitäten und Industrie ein breites Spektrum. Für unsere Schülerinnen und Schüler wichtige Informationen für ihren späteren Lebensweg. Den verschiedenen Fragen der Nachwuchswissenschaftler wird gerne geantwortet.
In Jülich wird in den Bereichen „Energie und Umwelt“, „Information und Gehirn“ sowie in weiteren Schlüsseltechnologien seit 1956 geforscht. Und so kommt es, dass unsere Gruppe nun vor einer leeren Wiese steht, auf der ein einzelner Baum viel Platz wachsen hat und keine Angst vor Fressfeinden haben muss. Denn, er ist mehrfach umzäunt, bewacht durch mehrere Kameras, Wachhunden und Sicherheitspersonal. „An dieser Stelle“, klärt eine junge Physik-Doktorandin auf, „Stand der Forschungsreaktor MERLIN. Und er war der erste Reaktor, der vollständig abgebaut und entsorgt wurde. Der Baum ist ein Symbol, dass ein Rückbau von Kernreaktoren möglich ist!“. Darüber muss so mancher im Bus nachdenken. An dieser Stelle begann Deutschlands zivile kommerzielle Kernforschung und auch der sichere Rückbau dieser gefährlichen Technologie wurde hier erprobt. In Zeiten von regenerativen Energien und Atomausstieg ein wichtiger Augenblick in den Augen der 17- und 18jährigen.
Zum Nachdenken bleibt keine Zeit, es geht weiter. Von der Kernfission, der Spaltung, zur Kernfusion. Diese soll eines Tages für scheinbar unbegrenzte Energie mit geringsten Risiken sorgen. „Vielleicht 2050 wird Kernfusion alltäglich sein“, heißt es und besonders im Kreise des Lehrkörpers gibt es fragende und lächelnde Gesichter. Kernfusion ist weniger ein technisch-physikalisches Problem, als ein politisches. Die Forschung ist teuer. Das Forschungszentrum in Jülich wird mit Milliarden aus Bund- und Landesmitteln finanziert um den Technologiestandort Deutschland zu sichern.
Das bedeutet auch ungewöhnliche Wege. 62 Keppler Schuhe sind nun in weiße Plastikhüllen staubsicher eingepackt. Es geht in den Vorbereich der Reinraumlabore in Jülich. Im gesamten Gebäude herrscht Unterdruck, Staub und Schmutz sind hier tabu. Raucher dürfen gar nicht erst in diese sensiblen Labore, in den Mikro- und Nanotechnologie erforscht werden. Hier, wo jedes Staubkorn die sensible Technik stören wurde, tauchen unsere Schüler in eine fremde Welt ein. Durch dickes, UV-Schutzglas beobachten Sie die Forscher bei ihrer Arbeit. Ein Raunen geht durch die Gruppe.
Das Finale der Exkursion beginnt mit einer speziellen Sicherheitseinweisung. Dosimeter, die Radioaktivität messen, werden verteilt. Es geht in das Innere des Teilchenbeschleunigers des Forschungszentrums. Eigentlich Sperrbereich, haben wir Glück. Es ist Umbauzeit und so dürfen unsere Schüler einen Blick auf riesige Magnete, unzählige Kabel und Detektoren werfen, die sonst hinter dicken Betonwänden verborgen wären. Hier, so erfahren die Keppler, werden Atomkerne auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Die von Ihnen ausgehende Strahlung kann auch bei der Bekämpfung von Tumoren helfen, oder aber beim Verständnis unseres Universums. Spannung und Neugier zeigt sich in den Augen unser Schüler. Vielleicht wurde gerade der Grundstein für ein Physikstudium gelegt.
Die Rückfahrt verläuft ruhig, die vielen Eindrücke müssen verarbeitet werden, die Nasen versinken in den vielen Informationsmaterialien. Sicherlich nicht die letzte Exkursion des Gymnasiums Stift Keppel zu einem der wichtigsten Forschungsstandorte Deutschlands.